Mitte ist tot, es lebe Mitte! – Berlin ist eine Metropole ohne Zentrum. Obwohl es Berlin-Mitte gibt, und dort einen Ortsteil mit demselben Namen. Wir begeben uns auf die Suche nach Tipps für die Mitte Berlins, wo man als Berliner:in gefühlt nie, aber doch ständig ist. Geschrieben von Marc.
Hinweis: Der Artikel enthält Werbung in Folge einer bezahlten Kooperation mit Dussmann – das KulturKaufhaus.
Berlin-Mitte als touristisches Zentrum
Wenn ich im Ausland auf Reisende treffe, die Berlin vor lauter “awesomeness” über den grünen Klee loben, bin ich skeptisch. Ich liebe meine Stadt, aber ist unsere Liebe dieselbe? Sind sie ins Kiezleben eingetaucht? Konnten sie diese Leichtigkeit spüren? Oder haben sie in Berlin lediglich die klassischen Sightseeing-Tipps abgeklappert und sind nach zwei Tagen zurück in den Billigflieger gestiegen?
Im Ortsteil Mitte – nicht zu verwechseln mit dem viel größeren Bezirk Mitte – prallen für mich beide “Berlins” aufeinander. Südlich der Stadtbahn mit den Haltestellen Friedrichstraße, Hackescher Markt und Alexanderplatz tummeln sich dich die meisten Berlin-Tipps aus den To-Do-Listen auf Pinterest und Co. Ein Traum für jeden Hop-on-hop-off-Bus, und doch so wenig Berlin. Erst drum herum beginnt die Berliner Ehrlichkeit.
Streifzug durch Berlin-Mitte
Friedrichstraße: Auftakt im Kulturkaufhaus
Meine Suche nach authentischen Tipps für Berlin-Mitte beginne ich am S-Bahnhof Friedrichstraße. Von ↠ Dussmann aus laufe ich zunächst gen Süden und später gen Norden. Mein Vorhaben ist mehr Vergewisserung denn wirkliche Suche: Ich kenne die Gegend. Doch nach elf Jahren in Berlin gilt es Erinnerungen zu aktivieren, um die wirklich besonderen Orte aus Aberdutzenden zu identifizieren, die ich Neulingen empfehlen würde.
Dussmann ist eine Institution in Berlin-Mitte – und zugleich Flashback in meine Zeit als Student. Noch heute ich halte hier gerne Ausschau nach Reiseliteratur und würde am liebsten jeden Berlin-Bildband mit nach Hause nehmen. Berlin-Besucher:innen finden im Kaufhaus auch die etwas anderen Tipps für ihre Streifzüge – vom historischen Bildband bis zum ↠ Cee Cee-Guide. Für die Recherche selbst lohnt eine Pause im Café Ursprung, das regionale, saisonale Speisen anbietet. Bei einem Teller Königsberger Klopse kannst du die nächsten Tage gedanklich vorplanen und währenddessen einen vertikalen Garten mit 6.000 tropischen Pflanzen studieren.
Checkpoint Charlie vs. Zionskirchplatz
Die Kontraste, die sich nördlich und südlich der Stadtbahn auftun, zeigen sich mir insbesondere an zwei Beispielen. Fast schon in Kreuzberg gelegen, gehört der Checkpoint Charlie im Süden von Berlin-Mitte zu jenen Orten, um die ich gerne einen großen Bogen mache. Natürlich ist der ehemalige Grenzübergang zwischen Ost- und West-Berlin ein Ort historischer Einmaligkeit. Der Selfietourismus jedoch nimmt ihm jegliche Ehre, während die blassen Bürogebäude der umliegenden Straßen so ziemlich gar nichts mit dem Berlin zu tun haben, in dem ich lebe.
Ein gänzlich anderes Bild zeigt sich rund um den Zionskirchplatz nördlich des Rosenthaler Platzes, an der Grenze zum Prenzlauer Berg. Hier stehen typische Berliner Altbauten. Ein Stück weiter östlich spazierst du auf Kopfsteinpflaster durch die Christinenstraße. Auf Weinbergsweg und Kastanienallee kannst du dich guten Gewissens in einem der Cafés und Restaurants niederlassen. Hier trifft Seh’n-und-jeseh’n-werden auf Mir-doch-ejal.
Tipp: In der Nähe des schon in Kreuzberg liegenden Martin-Gropius-Baus steht in der Niederkirchnerstraße noch ein Stück Berliner Mauer. Es handelt sich um die letzten original erhaltenden Überreste des Bauwerks – ganz ohne touristischen Schnickschnack Marke Checkpoint Charlie. Der ↠ Martin-Gropius-Bau zeigt wechselnde Ausstellungen, lohnt jedoch allein schon wegen seines imposanten Lichthofs einen Besuch. Der Blick auf die Mauer von einem der oberen Stockwerke hinterlässt ein bedrückendes Gefühl.
Monbijou- und James-Simon-Park
Orte wie diese stehen nicht exemplarisch nur für Berlin-Mitte. Es gibt sie an etlichen Orten in Berlin. In Friedrichshain, im Prenzlauer Berg, in Kreuzberg, selbst in Schöneberg und Charlottenburg. Sie machen die Hauptstadt für mich aus – und sind der Grund, warum ich mich nach jeder Reise freue zurückzukehren. Sie sind die kleinen, großen Berlin-Tipps, die ich Besucher:innen mit auf den Weg gebe. Und doch scheitere ich allzu oft daran, zu erklären warum.
Ich spaziere zurück zum S-Bahnhof Friedrichstraße, durch Monbijou- und James-Simon-Park, wo sich an lauen Sommerabenden junge und jung gebliebene Reisende und Einheimische vermischen und ich noch immer gerne meine Mittagspausen verbringe – oder mich abends auf ein Gösser treffe. Laufe vorbei am Kolonnadenhof der Alten Nationalgalerie, einem Beispiel dafür, dass nicht alle Berliner Dauerbaustellen die Sinnfrage stellen lassen müssen. Bis ich auf der Weidendammer Brücke stehe, den Fernsehturm im Rücken, und mich erinnere, dass es für mich nur ein 1 THING TO DO in Berlin-Mitte geben kann.
Tipp: Der ↠ Berliner Dom gehört nicht nur zu unseren liebsten Bauwerken in Berlin-Mitte. Du kannst ihm auch aufs Dach steigen! Zumindest fast. Denn von der Kuppel hast du einen 360-Grad Blick auf Berlin – aus 50 Metern oberhalb der Museumsinsel.
Kultur-Tipps für Berlin-Mitte
Berliner Ensemble
In Berlin-Mitte sind wir gefühlt nie, aber doch ständig. Es ist jener Ortsteil Berlins, in dem wir den Alltag verlassen und zu Reisenden in unserer eigenen Stadt werden. Der Grund dafür ist die Masse an kulturellen Angeboten. Einer dieser Orte ist das Theater am Schiffbauerdamm, besser bekannt als ↠ Berliner Ensemble.
Hier erlebten wir Klassiker wie “Nathan der Weise” von Lessing, “Der Prozess” von Kafka oder “Der gute Mann von Sezuan” von Brecht in verlässlicher Qualität. Der Zuschauerraum alleine, ein neobarockes Schmuckstück in Rot und Gold, verzaubert. Die Bühnenbilder, mal schlicht, mal imposant, belebt von erstklassiger Schauspielkunst, entführen mal in bekannte, mal in fremde Welten. Das Berliner Ensemble ist einer jener Orte, um Trubel und Hektik zu entfliehen, um bewegt innezuhalten.
Tipp: Wenn du es alternativer magst, schau dir doch mal das aktuelle Programm im ↠ Acker Stadt Palast an. Das kleine Theater versteht sich als freigeistiger Kulturraum und befindet sich im Hinterhof einer ehemaligen Schokoladenfabrik. Die Stücke behandeln zumeist aktuelle gesellschaftliche Diskurse und Herausforderungen.
Naturkundemuseum und Sammlung Boros
Aktuelle gesellschaftliche Diskurse behandelt auch das ↠ Museum für Naturkunde Berlin, wenn auch nicht immer auf den ersten Blick. Das höchste montierte Saurierskelett der Welt verweist darauf, dass selbst imposanteste Lebewesen sich nicht immer schnell genug an veränderte Umweltbedingungen anpassen konnten. Eine Schausammlung zeigt in Alkohol konservierte Tiere, darunter aufgrund unseres menschlichen Handelns gefährdete oder gar ausgestorbene Arten.
Während die Ausstellungen des Berliner Naturkundemuseums das Leben auf der Erde in tausend Farben erstrahlen lassen, belässt es die ↠ Sammlung Boros zumindest von außen bei kühlem Beton. Die Ausstellungen im ehemaligen Reichsbahnbunker Friedrichstraße behandeln zeitgenössische Themen wie die kommunistische Gesellschaft in China oder die Situation Geflüchteter. Hinein kommst du nur im Rahmen von Führungen, aber die lohnt sich: Bei manchem Kunstwerk ist es ausnahmsweise ganz okay, eine mögliche Interpretation vorgegeben zu bekommen.
Tipp: Auf deinem ersten Besuch in Berlin empfiehlt sich ein Abstecher ins Stadtmuseum, das mehrere Häuser umfasst, vielleicht noch nicht. Je besser du Berlin jedoch mit der Zeit kennenlernen willst, umso mehr legen wir dir einen Ausflug ins ↠ Märkische Museum sowie ins ↠ Museum Ephraim-Palais ans Herz. Die Ausstellungen zeigen, wie Berlin Berlin geworden ist – und irgendwie doch schon immer Berlin war. Beide Häuser zählen außerdem zu den nicht immer beachteten architektonischen Tipps in Berlin-Mitte.
In Kürze: Unser 1 THING TO DO für Berlin-Mitte
Es gibt noch so viel mehr dieser Orte und Tipps in Berlin-Mitte, die tiefer in aktuelle Diskurse eintauchen lassen und das Auge schärfen für die Dinge, die wirklich zählen. Die Etablierten und jene, die kommen und gehen, die einen Hype erleben und wieder in Vergessenheit geraten. Wir haben sie längst nicht alle entdeckt – und wohl jede:r wird beim Vorhaben scheitern, das kulturelle Angebot in Berlins Mitte vollumfänglich kennen zu wollen. Unser 1 THING TO DO für Berlin-Mitte steht aber fest.
Was? Am kulturellen Leben in Berlin-Mitte tatsächlich teilzunehmen – anstatt nur Brandenburger Tor, Fernsehturm und Gendarmenmarkt abzuklappern. Aktuelle Ausstellungen und Veranstaltungen in Mitte findest du zum Beispiel hier.
Wo? Unsere Tipps für Berlin-Mitte beziehen sich auf den Ortsteil Mitte. Dieser erstreckt sich in etwa vom U-Bahnhof Schwartzkopffstraße im Norden bis zum Leipziger Platz im Süden sowie vom Brandenburger Tor im Westen bis zum Strausberger Platz im Osten.
Wie viel? In Berlin-Mitte ist für jeden Geldbeutel etwas dabei. Noch ein Tipp: Tagesaktuelle Gratis-Events in Berlin findest du zum Beispiel hier.
Wieso? Um an der Spree die ganze Welt zu entdecken – und sie aus anderen Perspektiven zu sehen.
Berlin-Mitte: Noch mehr Tipps
Essen und Trinken
- Käsespätzle “Allgäuer Art” im ↠ Alten Europa, Gipsstraße 11 (U Weinmeisterstraße)
- Wiener Schnitzel in ↠ Clärchens Ballhaus, Auguststraße 24 (U Rosenthaler Platz)
- Russischer Lunch im ↠ Gorki Park, Weinbergsweg 25 (U Rosenthaler Platz)
- Deftige deutsche Küche im ↠ Sophieneck, Große Hamburger Straße 37 (U Weinmeisterstraße)
- Hummus, Fattusch und Falafel im ↠ Yarok, Torstraße 195 (U Oranienburger Tor)
- Vegane asiatische Küche im ↠ +84, Habersaathstraße 52 (U Naturkundemuseum)
Aus erster Hand
- Wenn du deinen Spaziergang zu Brandenburger Tor, Gendarmenmarkt und Co. auf die Nachtstunden verlagerst, hast du die – dann obendrein beleuchteten – Hauptsehenswürdigkeiten manchmal ganz für dich alleine.
- Monbijou- und James-Simon-Park an der Spree eignen sich zum Sonnenuntergang bestens für ein kühles Gösser-Radler mit Blick auf die Museumsinsel.
- Auf der Monbijou-Brücke vor dem Bodemuseum kannst du dich in den Abendstunden an warmen Tagen hin und wieder den Melodien von leidenschaftlichen Musikern hingeben.
- In der Weihnachtszeit ist Mitte ein guter Ort zum Weihnachtsmarkt-Hopping. Unter der Nikolaikirche gibt es dann auch leckere Pelmeni; einer der schönsten Weihnachtsmärkte Berlins findet auf dem Gendarmenmarkt statt.
- Und um nicht alle Standard-Tipps in Berlin-Mitte zu verfluchen: Den besten Blick auf die Hauptstadt hast du immer noch vom Fernsehturm aus.
Und da auch wir nicht alle Tipps für Berlin-Mitte ausgecheckt haben: Hast du einen Tipp für uns, welche Locations wir in Zukunft einmal genauer unter die Lupe nehmen sollten? Wir sind gespannt und freuen uns über deinen Kommentar!
Reisen um zu reisen!
John & Marc
4 Antworten zu “Berlin-Mitte: Geh bloß nicht zum Checkpoint Charlie”
Ich persönlich wohne in Berlin Mitte und finde es fantastisch. Nichts ist besser als direkt am Puls der Zeit zu leben, dieses Großstadtgewimmel genieße ich seit ein paar Jahren jeden Tag. 🙂
Wir wohnen ja in Friedrichshain und Kreuzberg – ein bisschen hochnäsig betrachten die Einwohner:innen der einzelnen Bezirke sich ja gegenseitig immer. 😀 In Mitte kommt es wirklich drauf an, von welcher Ecke man spricht. Aber in letzter Zeit verbringen wir seltsamerweise dann doch immer mehr Freizeit dort.
Liebe Grüße und bleib gesund!
John & Marc
Hallo Julia,
das Bild habe ich auf der Weidendammer Brücke (Friedrichstraße) geknipst. 📸
Liebe Grüße
Marc
Hallo:) würdest du mir verraten, wo du das zweite Bild in eurem Blogeintrag geknipst habt (Steinvogel mit Blick auf den Fernsehturm)? Vielen Dank. Lg