Erstens kommt es anders, zweitens als man Fläming. Doch es wäre gelogen, dass wir in Brandenburg so gar keine Abandoned Places erwartet hätten. Was uns in der einstigen Sowjetgarnison Altes Lager bei Jüterbog jedoch widerfuhr, hatten wir so nicht auf der Liste. Eine Fototour durch einen Ort der Vergangenheit, an dem die Zukunft ausgelöscht zu sein scheint. Geschrieben von Marc.
Hinweis: Dieser Artikel zeigt den Zustand im Sommer 2017. Ggfs. zwischenzeitlich Baumaßnahemn finden entsprechend keine Berücksichtigung.
Abandoned Places: Orte ohne Zukunft
Wo der Lack von bunten Wänden bröckelt, schwarze Glasscheiben zerbersten und stachelig brauner Rost längst den letzten Glanz überwuchert hat, zeigt sich der Verfall in all seiner lebendigen Sterblichkeit. Massive Betonschichten verlieren den Kampf gegen die Natur, die sich Riss für Riss, Millimeter für Millimeter ihr Territorium zurückerobert. Ein Kantersieg der Geduld.
Der Reiz sogenannter “Abandoned Places” liegt in ihrer Vergangenheit – und dabei auch in der Abstinenz von Zukunft und Gegenwart. An jenen einst mit Leben vollgepumpten Orten hat sich ein Vakuum ausgebreitet, das erst von ihren neugierigen Neueroberer:innen wieder mit Sauerstoff befüllt wird.
Altes Lager bei Jüterbog: Betreten verboten
Auf unserer ersten Fläming-Reise lassen John und ich der Lust am Verfallenen freien Lauf, als wir in Altes Lager in Richtung ↠ Flugplatz laufen. Zwischen Treuenbrietzen und Jüterbog brennt die Mittagssonne vom blauen Himmel. Wir scheinen weit und breit die einzigen zu sein, die sich hier der sengenden Hitze widersetzen und mit Rucksack bepackt auf Erkundungstour gehen.
Bereits am Bahnhof von Altes Lager blieben wir stehen und blickten auf den mit Metallzäunen versperrten Eingang eines riesigen Areals. Darüber strahlte ein dunkelblauer “Sowjetstern”, während eindeutige Schilder davor warnten, hier Einkehr zu halten. Wir ließen uns einschüchtern und beugten uns. Auf dem weiteren Weg durch Altes Lager hielt uns eine hohe Steinmauer ohnehin davon ab, das Verbotene zu wagen.
Altes Lager: Die ehemalige Sowjetgarnision
Nun aber sind wir an etlichen gelben Bauten in Altes Lager vorbeigelaufen, deren Glasscheiben den Namen nicht mehr verdienen. Ihre Zukunft scheint genauso bereits beendet zu sein, wie nun der Maschendrahtzaun rechts von uns. Seine Aufgabe war es, uns zu verstehen zu geben, bloß nicht auf böse Gedanken zu kommen. Doch böse Gedanken hatten wir schon längst, und so zögerten wir nicht, als hinter den Baracken ein offenes Tor ganz ohne Warnschild die Einladung aussprach, ins Gelände einzutreten.
Im Schatten der verfallenen Baracken befindet sich der Sportplatz Altes Lager, der seine besten Zeiten ebenso hinter sich hat. Das Spielfeld erinnert an eine Wiese, die mit blass weißen Kreidelinien durchzogen ist. Die Tribüne ist verwaist, am Rande stehen halbfunktionale Sitzbänke für Heim- und Gastmannschaft. Dahinter eine beinahe kolossale Halle im Stile der Garnisonshäuser: gelb, vor sich hinbröckelnd, zukunftslos. Eine Tür hinein steht offen.
Abandoned Future in Altes Lager
Die folgenden Bilder zeigen Sportgelände und Turnhalle der ehemaligen Sowjetgarnison in Altes Lager. Bis wenige Jahre nach der Wiedervereinigung lag der Ort inmitten eines militärischen Sperrgebiets. Kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs zog sich der letzte deutsche Truppenteil der Wehrmacht nach Altes Lager zurück, sowjetische Luftstreitkräfte nutzten den nahegelegenen Fliegerhorst fortan bis Kriegsende als Frontflugplatz.
Bis 1994 war in Altes Lager das ↠ 833. sowjetische Jagdfliegerregiment stationiert. Im Inneren der Halle am Sportplatz von Altes Lager laufen wir nun mit Vorsicht über den längst nicht mehr quietschenden Turnhallenboden. Über einem leeren Becken – wahrscheinlich Teil eines “Saunabereiches” – grüßen glorifizierte, entblößte Sowjetsoldaten. Vergangenheit riechen wir in Altes Lager an jeder Ecke. Doch die Zukunft wirkt wie ausgeloschen.
Während unserer ersten Reise in den Fläming nahmen wir übrigens auch an einer der ↠ Beelitz-Heilstätten-Führungen teil, die zeigen, dass zumindest dieser Abandoned Place ganz und gar nicht mehr verlassen ist. Weitere Eindrücke aus dem Fläming zwischen Bad Belzig und Jüterbog findest du in unseren ↠ Fläming-Ausflugszielen.
Reisen um zu reisen!
John & Marc