Brasov Reisebericht: Bären-Alarm im Hostel
Im Osten Siebenbürgens gelegen könnte man Brașov, Rumänien, auch als Tor nach Transsilvanien bezeichnen, der Heimat von Graf Dracula. Etwas aufgeregt bereiteten wir uns im Vorfeld unserer Reise entlang der rumänischen Karpaten auf den Ernstfall vor: Wie verhält man sich eigentlich, wenn man zwar nicht auf Vampire, aber dafür auf Braunbären trifft? Und tatsächlich: Nachts im Dunkeln begann es plötzlich fies zu grunzen. Geschrieben von Marc.
Tâmpa: Wandern in Brașov, Rumänien
Ein paar Schritte noch und wir befinden uns 400 Meter über Brașov, Rumänien. Die 250.000-Einwohner-Stadt im Osten Siebenbürgens breitet sich ringsum unter unseren Füßen aus. Angesichts der tags darauf folgenden Wanderung in den Karpaten war die Besteigung des 950 Meter hohen Tâmpa ein Klacks. Es ging steil bergauf, doch oben angekommen lässt die Sonne unsere Schweißperlen im Gesicht schnell wieder trocknen.
Der zu Deutsch „Zinne“ genannte Hausberg von Brașov gehört zu den auffälligsten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Nicht nur aufgrund seiner reinen Präsenz, sondern vor allem wegen des hollywoodreifen, am Hang angebrachten Schriftzugs, der uns auf unseren Streifzügen nie aus den Augen lässt. Sogar einige Braunbären leben hier in freier Wildbahn. Davon bekommen wir auf dem Tâmpa zwar nichts mit. Doch dafür liegt hier etwas anderes in der Luft: Zicke-zacke-zicke-zacke, hoi-hoi-hoi!
Altstadt: A bisserl deutsch, des Braschow!
Bevor wir Brașov von seiner schönen Seite kennen lernten, hieß es zunächst einmal die tristen Plattenbauviertel rund um den Bahnhof zu verlassen. Nach und nach mischten sich einfache Familienhäuser mit bunten Fassaden zwischen die Betonklötze, bevor wir schließlich ins historische Zentrum mit seinem geschäftigen Rathausplatz vorstießen.
Kronstadt wurde im 13. Jahrhundert von den Ritterbrüdern des Deutschen Ordens gegründet. Der Ort war damals die südöstlichste deutsche Stadt. Noch weit bis ins 19. Jahrhundert hinein stellten Deutsche hier die Bevölkerungsmehrheit. Bei der letzten Volkszählung im Jahr 2011 waren es noch über 1.000. Und was soll man sagen: Ein bisschen erinnert uns das historische Brașov an eine typisch deutsche Altstadt. Selbst ein „Schnurgässchen“ gibt es. Und dann auch noch dieses Zicke-zacke-zicke-zacke, hoi-hoi-hoi!
Brașov Reisebericht: Flucht vorm „Braunbär“
Während wir durch die Gässchen Stadt schlendern, erhole ich mich nur langsam von einer langen Nacht. Mal wieder. Doch dieses Mal waren es keine Magenprobleme wie in Bukarest und auch kein moldauischer Wein wie in Chișinău, sondern der haarige Albtraum jedes Hostelgastes: Ein alter, fetter, stinkender Schnarchmensch!
Insofern hatte ich sie doch noch, meine persönliche Begegnung mit einem Braunbären. Dieses Exemplar war ein sogenannter Schnarchbär, der es schafft, sowohl beim Ein- als auch beim Ausatmen seine Grunzlaute vorbei an den Ohropax bis ins tiefste Innere deines Gehirns zu pressen. Besonders charakteristisch: Das lauteste Grunzen gibt er immer dann von sich, wenn er sich alle 15 Sekunden selbst aufweckt und sich in bester Braunbärenmanier von einer Seite auf die andere schmeißt. Da ich im klapprigen IKEA-Doppelstockbett über ihm lag, bedeutete dies irgendwann: Decke und Kopfkissen schnappen und ab auf die Couch in der Lobby. Zicke-zacke-zicke-zacke… ach, sei still!
Oktoberfest: Ja, bist du deppert?!
Weißt du, wie es riecht, wenn man nach einer Homeparty alle flüssigen Reste zusammen schüttet und in die Toilette kippt? Genau dieser Geruch umsäuselte in jener Nacht meine Nase. Der wahrscheinliche Grund dafür: Die inzwischen achte Ausgabe des rumänischen Oktoberfests, das alljährlich im Spätsommer in Brașov stattfindet. Danke. Bitte!
Insofern liegen Freud und Leid unseres 1 THING TO DOs für Brașov eng beieinander. Denn natürlich statteten auch wir dem Oktoberfest einen Besuch ab und trauten rund um das blau-weiße Festzelt unseren Sinnen nicht mehr: „Singen die da wirklich… Singen die da wirklich… Zicke-zacke-zicke-zacke… du weißt schon?“
Bayerische Stereotypen à la Brașov
Das rumänische Prosit der Gemütlichkeit findet seit 2009 auf dem Sportgelände des örtlichen Sportgymnasiums statt. Mit einem Pappteller Kartoffelsalat und Mici, der rumänischen Variante von Ćevapčići, machten wir es uns zunächst einmal auf den Sitzbänken rund um das Festareal gemütlich. Wir lauschten der Akkordeonmusik, dem unermüdlichen Geblabber der Besucher und machten uns hungrige Gedanken darüber, welche Fleischspeise wir wohl als nächstes verdrücken würden. Einen Meter bayerische Bratwurst? Oder doch lieber Leberkäse?
Als wir das Festzelt betraten, war es, als würden wir die Staatsgrenze zwischen Rumänien und Bayern überqueren. Die es so bekanntermaßen ja gar nicht gibt. Doch egal. Für uns, die noch nie auf dem richtigen Oktoberfest waren, bot das Ambiente zumindest alles, was dem Stereotyp nach dazugehört: Klirrende Bierkrüge, bayerische Folklore, Lederhosen und laufend a bisserl Brutzelfett in der Nosn.
Ein Prosit der Gemütlichkeit in Brașov
Mitten in Rumänien schunkelten und tanzten Frauen und Männer im Takt, schreiten lauthals „Bitte!“, wenn der Stimmungsmacher artig „Danke!“ sagte. Brachten „Zicke-zacke-zicke-zacke!“ über die Lippen, ohne dass es wie ein Zungenbrecher klang. Und besonders angenehm daran: Trotz der Unmengen Gerstensaft, die hier die Kehlen hinuntergekippt wurden, war die Stimmung stets fröhlich besinnt.
Außerhalb des riesigen Bayernzelts brutzelten herzhafte Köstlichkeiten um die Wette. Wir beließen es zunächst bei unseren rumänischen Ćevapčići. Doch spätestens als wir Colac secuiesc entdeckten, auch bekannt als „Kürtőskalács“ (ungarisch) oder „Baumstriezel“, wussten wir: Läuft bei uns. Oder mit anderen Worten ausgedrückt: Zicke-zacke-zicke-zacke. Hoi-hoi-hoi.
Brașov, Rumänien: Unser 1 THING TO DO
Was? Ein Besuch des Oktoberfests in Brașov, das üblicherweise im Spätsommer stattfindet. Aktuelle Termine werden auf der offiziellen Seite bekannt gegeben.
Wo? Auf dem Gelände des Lizeul Sportiv in der Strada Poarta Schei 39 ganz im Süden von Brașov.
Wie viel? Der Eintritt war frei und die Preise für Speis und Trank deutlich, deutlich, deutlich unter denen in München.
Warum? Um Teil eines regionalen Event-Höhepunkts zu sein, mit Rumänen in Lederhosen zu feiern und dich an den Imbissständen satt zu essen.
Übrigens: Eines jener ach so authentischen Imagevideos gibt es auch vom Oktoberfest in Brașov. Bringt die Stimmung nicht wirklich rüber, aber verschafft einen ersten Eindruck:
Nächste Station unserer Reise durch Rumänien ist Sibiu, hierzulande auch bekannt als Hermannstadt. Dort sollten wir am Ende sogar länger festsitzen als gedacht, wozu du in unserem Sibiu Reisebericht. Kennst du schon unseren Bukarest Reisebericht? Die rumänische Hauptstadt ist so ziemlich das Gegenteil von dem, was wir im Rest des Landes zu sehen bekamen. Aber das macht sie irgendwie auch wieder besonders.
Reisen um zu reisen!
John & Marc
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inaaltoet
Oktoberfest die begegnen einem überall, so auch hier in Norwegen, aber bei weitem nicht annähernd ans Original heranreichend. Zum Glueck waren wir zu einem anderen Zeitpunkt in Brasov :-). wir fanden es eine wirklich tolle Stadt vorallem mit Kindern, so viele gespflegte Spielplaetze sind uns in kaum einer anderen Stadt begegnet.
LG Ina
1 THING TO DO
Hallo Ina,
das Oktoberfest in München bleibt natürlich das Original. In Brașov lag der Reiz eben unter anderem darin, dass es in der Region ja durchaus eine „deutsche“ Tradition gibt und die Stimmung vor Ort wirklich entspannt war. Das Gelände liegt auch etwas ab vom Schuss, daher hat man im Rest der Stadt wenig davon mitbekommen.
Liebe Grüße
John & Marc
scarlettheredsite
Das ist ja schräg… ich glaube ich würde meinen Augen nicht trauen, wenn ich in einem anderen Land wäre und plötzlich auf ein Oktoberfest träfe 😀
1 THING TO DO
Das war bei uns ganz genauso. 🙂 Beziehungsweise hatten wir entweder in der Ukraine oder in Moldau schon ein Plakat gesehen, das für das Oktoberfest warb und konnten dabei unseren Augen nicht trauen… 😉