Schloss Fürstenstein: Das schlesische Neuschwanstein
Kitschig, sagenumwoben und von Hügeln umgeben: Ja, es gibt gute Gründe, weshalb Schloss Fürstenstein einigen als schlesisches Neuschwanstein gilt. Etwa anderthalb Stunden Fahrtzeit von Breslau entfernt, geht es auf Schloss Fürstenstein allerdings noch ruhiger zu. Neben seiner Schönheit machen auch die Legenden rund um seine Rolle im Zweiten Weltkrieg einige Reisende auf das Märchenschloss in Schlesien aufmerksam. Geschrieben von John.
Ein Déjà-vu auf Schloss Fürstenstein
Es gehört zu den Déjà-vus unserer ↠ Reisen in Osteuropa, urplötzlich mit der deutschen Geschichte konfrontiert zu sein. Sie scheint omnipräsent, und doch kommen diese Begegnungen unverhofft. Schloss Fürstenstein machte da keine Ausnahme.
Auf der Suche nach einem Ausflugsziel bei Wrocław, über das du in unserem ↠ Breslau Reisebericht mehr erfährst, stießen wir rein zufällig auf das Märchenschloss. „Lass uns dahin fahren“, dachten wir uns, „ein bisschen durch den Schlosspark schlendern und einen Kaffee im Schlosscafé trinken.“ Bis wir in den Ausstellungsräumen mehr über die Legenden von Schloss Fürstenstein erfuhren, die sich insbesondere auf die NS-Zeit zurückführen lassen.
Schloss Fürstenstein und das NS-Regime
Erbaut zu Ende des 13. Jahrhunderts, damals noch als Burg, gehörte Schloss Fürstenstein jahrhundertelang dem schlesischen Adelsgeschlecht Hochberg. Im Zweiten Weltkrieg jedoch wurde es vom NS-Regime beschlagnahmt. Infolgedessen wurde damit begonnen, den Standort als Aufenthaltsort der NS-Führung umzugestalten und auszubauen. Der Rundfunk Berlin-Brandenburg spricht in einer Dokumentation gar von „Hitlers Schloss in Schlesien“. Schloss Fürstenstein sollte wohl als Ausweichquartier für die Wolfsschanze dienen.
Über die genauen Pläne und den Stand ihrer Umsetzung herrscht unter Historikern Unklarheit. Sicher ist jedoch, dass die Inneneinrichtung zahlreicher Säle im Sinne der Vorhaben der NS-Führung zerstört wurde. Auch hinsichtlich der Plünderungen durch die Rote Armee nach dem Krieg erscheint es so beinahe als Wunder, dass viele Räumlichkeiten den Glanz der Vorkriegszeit beibe- bzw. wiedererhalten haben.
Schloss Fürstensteins unterirdische Geheimnisse
Beinahe noch schöner als seine barocken Räumlichkeiten ist der Blick auf Schloss Fürstenstein aus der Ferne. Im Schlosspark, zu dem auch die Ruinen von Schloss Alt-Fürstenstein gehören, lassen gleich mehrere Aussichtspunkte das größte Schloss Niederschlesiens in der Tat an Neuschwanstein erinnern. Aus der Distanz erscheint noch weniger greifbar, was sich in den Kellern des polnischen Märchenschlosses befindet.
Auch hierüber finden sich teils widersprüchliche Angaben. Gesichert ist, dass auch die Kellerräume von Schloss Fürstenstein Teil des Umbaus durch das NS-Regime waren. Ein riesiger Tunnel, errichtet von KZ-Häftlingen, soll zu einem 3.200 Quadratmeter großen Kellergeschoss führen (Quelle), geplant waren laut RBB sogar 10.000 – womöglich als Produktionsstätte für neue Kriegswaffen. Ein kleiner Teil des Stollens ist heute auch für Besucher:innen zugänglich.
Mehr über Schloss Fürstenstein, unter anderem mit Informationen zu Anfahrt, Führungen und Eintrittspreisen, findest du hier. Auf der offiziellen Webseite kannst du auch einen ↠ virtuellen Rundflug unternehmen.
Waldenburg: Ausflugsziel bei Breslau
Auf deinem Ausflug ins niederschlesische Wałbrzych (früher Waldenburg) kannst du neben Schloss Fürstenstein und den Ruinen von Alt-Fürstenstein auch das zugehörige Palmenhaus besichtigen. Der Eintritt ist im Ticket für Schloss Fürstenstein enthalten (Stand: Dezember 2017). Im Vergleich mit einigen uns bekannten Palmenhäusern in Deutschland wirkt das Palmenhaus in Wałbrzych zwar ein wenig in die Jahre gekommen. Dafür kannst du dort inmitten der saftig grünen Pflanzenwelt ein leckeres Stück Kuchen essen.
Ohne Hintergrundwissen ist Schloss Fürstenstein einfach nur Märchenschloss. Die Legenden aber machen es zum Mythos. Es ist diese Mischung, die unseren Ausflug nach Schloss Fürstenstein in eine ungemütliche Zeitreise verwandelten, obwohl wir eigentlich nur einen gemütlichen Sonntag verbringen wollten. Aber wer sagt schon, dass Reisen immer nur gemütlich sein muss?
Reisen um zu reisen!
John & Marc
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