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Riga Reisebericht: Despacito auf Lettisch

In Riga machten wir die Nacht zum Tag – und den Tag zur Nacht. Nachdem wir das Nachtleben von Riga ein wenig zu intensiv kennenlernten, galt es am Ostseestrand von Jūrmala in die Welt der Träume abzutauchen. Unser Riga-Reisebericht offenbart so auch Schönheiten und Dunkelheiten einer Stadt, wie sie im Baltikum wohl nur hier aufeinander treffen. Geschrieben von Marc.

Jūrmala: Nickerchen an der Ostsee

Neun Uhr morgens. Es wird Zeit für ein Nickerchen. Höchste Zeit! Die Nacht haben wir auf einem kleinen Festival verbracht. Eine Techno-Party. Auch wenn keine gute, konnten wir uns die Unterkunft entsprechend sparen. Und bei 25 Grad und Sonnenschein tut es schließlich auch der Ostseestrand von ↠ Jūrmala.

Nach einem ungesunden Frühstück stiegen wir am Hauptbahnhof von Riga in die Vorortbahn. Die Fahrt von der einen Welt in die andere dauerte gerade einmal 30 Minuten. Von der Station Majori aus schleppten wir uns müde zum Strand. Gemach, gemach. Einmal angekommen, heißt es dann aber keine falsche Scheu zu zeigen: Wir wechseln vom Party- ins Strandoutfit, breiten unsere Handtücher aus, stecken die Ohropax rein und schließen unsere Augen. Gute Nacht!

Riga Reisebericht
Jūrmala besteht aus insgesamt 14 Gemeinden und erstreckt sich über eine Länge von mehr als 30 Kilometern voller Badefreuden.
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Gibt schlimmere Orte für ein verspätetes Nickerchen: der Sandstrand von Majori aus Schlafmützenperspektive.

Rigas Nachtleben: Balzams und Karaoke

Riga ist die bis dato einzige Stadt, von der wir gefühlt mehr Dunkelheit als Tageslicht, mehr Nachtleben als Alltag kennengelernt haben. Schon unser erster Abend wurde immer länger, als sich eine Grundschulfreundin von John im Kulturzentrum ↠ Kaņepes Kultūras centrs anschickte, uns ihr ganz persönliches Riga zu zeigen. Die Bar ist der perfekte Ort, um in das lässige Studierendenleben der lettischen Hauptstadt einzutauchen und dabei das Nationalgetränk Lettlands zu probieren: ↠ Rīgas Melnais balzams. Ein Schuss aus der roten Likörflasche verträgt sich übrigens ziemlich gut mit einem kühlen Glas Cola.

Deutlich touristischer geht es in den Bars der Altstadt von Riga zu, allen voran in den zahlreichen Karaokebars, die irgendwie trotzdem zum Nachtleben der 700.000 Einwohner:innen zählenden Stadt dazugehören. Irgendwo stand geschrieben, dass die violette Version des Balzams am liebsten mit Sprite gemischt wird. Nun, die Barkeeperin hatte von dieser Variante noch nie etwas gehört. Doch immerhin sollte dieser Touri-Fauxpas unsererseits nur halb so peinlich werden, wie die Truppe britischer Backpacker, die sich beim Karaoke-“Singen” weit nach Mitternacht gegenseitig ihre nackten Ärsche zeigten.

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Zum Sonnenuntergang unterwegs im Zentrum von Riga: Farbenspiele, die man sich mit viel zu langen Besuchen in Karaokebars verdienen kann.
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Drei Gläser des ominösen Black Mojito, von dem unsere Barkeeperin zuvor noch nie etwas gehört hatte. Hat trotzdem geschmeckt.

Kein Heimweh in Riga

Am Strand von Jūrmala sorgen keine Albträume über unansehnliche Hinterteile für schlechten Schlaf, sondern der Strandclub nebenan, aus dessen Boxen stundenlang derselbe Beat dröhnt, dessen Bässe sich im Sand unter uns pudelwohl fühlen und beharrlich den Weg in unsere Knochen finden. Kleiner Ohrwurm, gefällig? Bittescön: Des–pa–cito.

Mal wieder meint es der baltische Frühling heute allzu gut mit uns. Despacito passt ideal zu diesem Wetterchen. Doch nicht nur der wenige Schlaf versetzt uns an diesem Frühsommertag in latente Meckerstimmung. Vielmehr ist es die Tatsache, dass Riga die letzte Station unserer Reise durch Lettland und Litauen ist und wir uns innerlich wehren, in den Berliner Alltag zurückzukehren. Schließlich bescherte uns auch dieser Trip wieder einige Reisemomente, die wir auf ewig teilen werden. Riga machte dabei keine Ausnahme.

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Jugendstilgebäude in der unter Reisenden besonders beliebten Alberta iela, in der manches Gebäude eher wie ein Kunstwerk wirkt.
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Das Schwarzhäupterhaus am Rathausplatz von Riga wurde nach dem Zweiten Weltkrieg gesprengt, der Nachbau jedoch pünktlich zur 800. Geburtstag der Stadt 1999 fertiggestellt.

Moskauer Vorstadt und Zentralmarkt

Wenn wir in Riga denn mal richtig Schlaf fanden, dann in unserer Unterkunft in der Moskauer Vorstadt, deren Ruf im Gegensatz zur herausgeputzten Altstadt ziemlich bescheiden ist. Ungeachtet dessen zeigt sich Riga östlich des Zentrums von einer authentischen, unverfälschten Seite. Das markante, 108 Meter hohe Hochhaus der ↠ Akademie der Wissenschaften erinnert uns an die Sieben Schwestern in ↠ Moskau und die “Stalinbauten” in Friedrichshain. Wo es schmuddelig wird, scheinen wir uns erst wohl zu fühlen.

A propos schmuddelig. Nur ein paar Hundert Meter entfernt laden die Hallen des ↠ Rigaer Zentralmarkts zum Trödeln ein. Wir persönlich lieben Märkte dieser Art. Wo sonst können wir uns derart unbefangen die Bäuche voll schlagen und viel zu viel von all dem kaufen, was uns am Ende vielleicht gar nicht schmeckt? Der Großteil der Stände ist übrigens in vier riesigen Zeppelinhangars aus dem Zweiten Weltkrieg untergebracht, die einen Abstecher auch bei gefülltem Magen lohnen.

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“Stalins Geburtstagstorte” soll das Hochhaus der Akademie der Wissenschaften im Volksmund auch heißen. Aber der Fernsehturm in Berlin heißt ja angeblich auch Telespargel.
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Reges Treiben in einem der Zeppelin-Hangars des Rigaer Zentralmarkts, wo du dich gut und günstig mit Lebensmitteln eindecken kannst.

In der Altstadt von Riga

Das Zentrum von Riga ist zu jeder Tageszeit lebendig. Die Stadt an der Mündung der Daugava in die Rigaer Bucht ist schließlich als Städtereiseziel in ganz Europa hoch im Kurs. Wir würden lügen, dass wir hier – tagsüber – viele besondere Reisemomente erleben durften. Außer dem einen Frühstück vielleicht, bei dem wir uns nach neuerlich durchzechter Nacht gegenseitig daran erinnern mussten, dass Nahrungszufuhr per se nichts Schlechtes ist. Gemach, gemach.

Altstadt und Zentrum laden zum Bummeln ein. In Riga stimmt die Mischung an Authentizität und Altehrwürdigkeit. Nicht nur einmal fühlten wir uns in der lettischen Hauptstadt dabei an Hamburg erinnert. Nun, mit dem echten Hamburg sind wir auch nach einem gefühlten Dutzend Besuchen noch nicht so recht warm geworden. Vielleicht ist das Hamburg des Baltikums, wie wir Riga kurzum tauften, sogar das schönere.

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Straßenszene in der Altstadt von Riga: Im herausgeputzten Stadtkern lauern etliche dieser Fotomotive.
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Rund 120 Meter streckt sich der spitze Turm der Petrikirche in die Höhe.

Immer schön lēni

Am Strand von Jūrmala läuft gerade mal wieder Despacito. “Gemach, gemach” könnte man den Titel des Latino-Gassenhauers auch übersetzen. Gewissermaßen eine ↠ Slow Travel-Hymne, wenn man denn so will. Und mit ein wenig lettischem Restlikör im Blut will man manchmal bekanntlich so einiges.

Riga ist eine dieser Städte, in der es so viel zu entdecken gibt, dass du in ein paar Tagen ohnehin nicht alles schaffen wirst. Vom grünen Umland mit diversen Naturschönheiten und der nahegelegenen Ostseeküste mal ganz abgesehen. Auf Lettisch übersetzt heißt despacito scheinbar lēni. Und besser als eben ganz, ganz lēni lässt sich Riga gar nicht kennen lernen, besser noch: erleben. Am besten fängst auch du mit einem Glas Balzams im Kulturzentrum damit an. Gemach, gemach.

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Das Freiheitsdenkmal im Zentrum von Riga ist 42 Meter hoch und scheinbar ein beliebter Treffpunkt der hiesigen Bevölkerung.
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Die Christi-Geburt-Kathedrale in der Nähe des Stadtkanals diente zu Sowjetzeiten als Planetarium.

Riga Reisebericht: Unser 1 THING TO DO

Was? Riga ganz “lēni” zu erleben.
Wo? Zum Beispiel im Kulturzentrum: Das Kaņepes Kultūras centrs befindet sich etwas außerhalb des Altstadtkerns von Riga, genau genommen in der Skolas iela 15. Keine Angst: Despacito läuft dort ziemlich sicher nicht.
Wie viel?
 Puh, gute Frage. Da wir uns nicht erinnern können, sind die Preise an der Bar aber sehr wahrscheinlich lettisch günstig (Stand: Mai 2017).
Warum? Um Riga von seiner lässigen Seite kennenzulernen – und nach ein paar Balzams-Cola vielleicht sogar das Tanzbein zu schwingen.

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Blick von der Skyline Bar des Radisson Hotels auf einige der wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Riga: Petrikirche, Freiheitsdenkmal, Christi-Geburt-Kirche und Dom. Alles gefunden?
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Etwas tiefer gelegen ist die Dachterrasse des Einkaufszentrums Galleria Riga. Kleiner Tipp am Rande: Das süße Sushi im Restaurant Gan Bei im siebten Stock war ziemlich lecker.

Du bist auf der Suche nach weiterer Inspiration für deine ↠ Baltikum-Reise? Im Rahmen unserer Berichterstattung befragten wir fünf andere Reiseblogger:innen nach ihren persönlichen ↠ Lettland-Reisetipps. Und weißt du was? Auch ganz in der Nähe von Riga haben wir ein 1 THING TO DO entdecken dürfen, das du innerhalb eines Tagesausflugs ab Riga erleben kannst. Mehr dazu liest du im Artikel zum ↠ Gauja-Nationalpark

Reisen um zu reisen!
John & Marc

Riga Reisebericht

Veröffentlicht oder inhaltlich überarbeitet am:


2 Antworten zu “Riga Reisebericht: Despacito auf Lettisch”

  1. Hey ihr beiden, ich freue mich immer wieder, wenn ich etwas über Lettland lese! Nachdem ich vor mittlerweile drei Jahren mein Auslandssemester im schönen Riga verbracht habe, geht es diesen Sommer endlich wieder ins Baltikum! Ich bin voller Vorfreude auf noch unbekannte Orte und Erlebnisse. Dem Kaņepes Kultūras centrs werde ich mit Sicherheit wieder einen Besuch abstatten! Danke für die tollen Einblicke und das Wecken von Erinnerungen 🙂
    Liebe Grüße
    Alex

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