Dass Berlin mehr kann als Lärm, Dreck und MDMA, das predigen wir mittlerweile fast gebetsmühlenartig. Mit der Pfaueninsel präsentieren wir ein weiteres Symbol für das, was diese Stadt so lebenswert macht. Die Berliner Pfaueninsel an der Grenze zu Potsdam zeigt sich im Herbst von ihrer wahrscheinlich schönsten Seite. Ein Loblied auf ein stilles Eiland, das mit dem Berliner Stereotyp so rein gar nichts zu tun hat. Geschrieben von Marc.
Pfaueninsel Berlin: Grüne Hauptstadt
Wenn wir an die grünen Lungen unserer Stadt denken, kommen uns zumeist zuerst die innerstädtischen Parkanlagen Berlins in den Sinn. Der Tiergarten zum Beispiel, wo sich an heißen Sommertagen so wunderbar flanieren lässt. Der Volkspark Friedrichshain, wo wir in der warmen Jahreszeit gerne grillen.
Der grüne Rand Berlins hingegen, wo Berlin brandenburgisches Ambiente versprüht, kommt in unseren Gedanken manchmal zu kurz. Dabei gibt es für uns im Sommer fast nichts Schöneres, als am Langen See in Köpenick zu schwimmen! Selbst Wandern ist in Berlin möglich, wie wir es schon am Beispiel des ↠ Havelhöhenwegs zeigten. Gerade die Havel im Westen zeigt die Hauptstadt von einer Seite, die Besuchende in aller Regel ausklammern. Die Berliner Pfaueninsel ist dabei, diesem Bild eine Ausnahme hinzuzufügen.
Tipp: Die Pfaueninsel erreichst du ab S-Bahnhof Wannsee mit dem Bus 218, der teilweise als ↠ historischer Omnibus verkehrt und an der Fähranlegestelle endet. Beachte vor deinem Besuch die ↠ Öffnungszeiten. Für Hin- und Rückfahrt auf die Pfaueninsel bezahlten wir vier Euro pro Person (Stand: September 2017). Dazu kommen ggf. Kosten für den öffentlichen Nahverkehr und einen Snack im Kaffeegarten.
Mit der Fähre auf die Pfaueninsel
Ende September. Der Himmel blau, die Sonne lacht. Das Thermometer knackt noch einmal die 20-Grad-Marke, als wir mit der Fähre auf die Berliner Pfaueninsel im Süden des Wannsees übersetzen, der streng genommen ein Teil der Havel ist. Nur etwa eine Minute dauert die Überfahrt. Und doch bringt uns die Fähre zur Pfaueninsel in eine Welt, die auf den ersten Blick nicht ferner von Berlin sein könnte.
Geradezu spießig geht es auf der Berliner Pfaueninsel zu. Familien tummeln sich rund um die Vogel-Voliere. Strahlende Kinderaugen lassen sich von der Faszination der Pfauen in ihren Bann ziehen. Inzwischen haben auch internationale Tourist:innen das Idyll für sich entdeckt. Selbst Hipster-Pärchen nutzen die Pfaueninsel zur Flucht ins Klischee. Die Gehwege gepflegt, die Landschaft ohne Makel. Das laute, dreckige Berlin scheint auf der Pfaueninsel meilenweit entfernt.
Herbst auf der Berliner Pfaueninsel
Die Geschichte der Berliner Pfaueninsel in ihrer heutigen Form als Landschaftspark geht bis ins 16. Jahrhundert zurück. Die preußische Geschichte spiegelt sich bis weit ins 19. Jahrhundert hinein an ihrer Gestaltung wider. Doch wir belassen es an dieser Stelle an den Eindrücken, die uns dieser laue Herbstausflug hinterlassen hat. Mehr über die durchaus spannende Geschichte der Insel erfährst du zum Beispiel hier.
Die Historie ist nur der Rahmen für das, was der beginnende Herbst an diesem Nachmittag auf der Berliner Pfaueninsel in uns auslöst. Es ist das Spiel der Farben, des langsam schwindenden Grüns sowie der gelben und roten Tupfer, die sich langsam über die Natur legen. Vor allem auch ist es die Ruhe, die in uns Einzug hält, obwohl wir auf der Pfaueninsel bei Weitem nicht alleine unterwegs sind.
Herbstliche Magie
Am imposantesten zeigt sich dies, als die ohnehin schon tiefer stehende Sonne langsam gen Horizont zieht und wir zum ersten Mal den Luisentempel auf der Berliner Pfaueninsel sehen. Ein romantisches Kunstwerk. Der Portikus im griechischen Stil wurde wahrscheinlich vom preußischen Baumeister Karl Friedrich Schinkel entworfen. Am späten Nachmittag steht er unschuldig im Schatten und blickt beinahe wehmütig auf die sich vor ihm ausbreitende Wiese.
Das Grün der Wiese ist zu dieser Jahreszeit mit einem gelblichen Schimmer überzogen. Immer wieder fällt unser Auge auf einen Baum, der so alleine stehend etwas verloren wirkt und doch mit seiner markant geneigten Krone das Bild bestimmt (siehe Titelbild). So ungefähr haben wir uns die Szenerie in Kleists Novelle Michael Kohlhaas vorgestellt. Was darin teilweise als weite märkische Prärie beschrieben wird, erwacht hier auf der Berliner Pfaueninsel auf kleiner Fläche zu Leben.
Herbst-Spaziergang auf der Pfaueninsel
Wir spazieren weiter und kehren in den lieblichen Kaffeegarten auf der Liegewiese der Berliner Pfaueninsel ein. Die klassischen Kuchenstücke – ein weiteres Symbol der Spießigkeit. Doch ist es genau diese, die wir in diesem Moment klammheimlich brauchen. Und so bestellen wir bestellen zwei Gläser Federweißer dazu – und trinken mit ihnen einen großen Schluck heile Welt.
Das ↠ Schloss auf der Berliner Pfaueninsel haben wir uns für das Ende unseres Spaziergangs aufgehoben. Auf Reisen laufen wir gerne gegen den Strom. Heute in der Hoffnung, dass die meisten Besuchenden kurz vor Sonnenuntergang wieder verschwunden sind. Wir behalten recht, doch die eigentliche Attraktion ist nicht das Schloss selbst, sondern seine Kehrseite: Nach Südwesten hin hat die Sonne den Himmel über Potsdam bereits in ein wonniges Orange gefärbt. Wir setzen uns nieder – und atmen durch.
Weitere Inspiration für Naturerlebnisse und kleine Auszeiten vom Berliner Alltag haben wir in unseren ↠ Ausflugszielen in Berlin zusammengestellt. Und wenn es einmal partout nicht Berlin sein soll, gibt es das Ganze auch als Äquivalent für ↠ Brandenburg – mit Ausflugszielen vom Nationalpark Unteres Odertal bis ins Havelland.
Reisen um zu reisen!
John & Marc