Baku Strand

Kaspisches Meer: Ein Strandtag in Baku

Noch gehört Baku nicht zu den gängigen Städtereisezielen in Europa. Obwohl sich am Kaspischen Meer durchaus Anekdoten fürs Reisetagebuch sammeln lassen. Von der Suche nach einem Strand in Baku zum Beispiel, vom Baden mit Blick auf Bohrinseln – und was das Ganze mit der Kanalisation einer Kleinstadt in der Nähe von Baku zu tun hat. Geschrieben von John.

Tristesse am Kaspischen Meer

Qobustan ist nicht gerade von Schönheit gekennzeichnet. Die meisten Reisenden zieht es hierher, um südlich von Baku die steinzeitlichen Malereien im ↠ Qobustan-Nationalpark zu entdecken. Genau das haben wir schon hinter uns – und entdeckten dort auch unser 1 THING TO DO für Baku. Doch bevor wir in die nächste Marschrutka zurück in die Kapitale steigen, verlieren wir uns noch kurz in die kargen Gassen der Siedlung am Kaspischen Meer ein.

Sandfarbene Mehrfamilienhäuser, trostlose Garagen, dazwischen Bauschutt in allen Ecken. Welch Unterschied zu Baku, in der Aserbaidschan für unseren Geschmack ein wenig zu viel des Guten tut, um sich als aufstrebende Ölnation zu präsentieren. Die Wäsche, die hier von den Leinen hängt, muss in Minutenschnelle trocknen. Die Sonne brennt, es weht kein Lüftchen, als wir uns dem Ufer des Kaspischen Meeres nähern.

Baku Strand
Blick von unserer Bushaltestelle auf die Hauptstraße von Qobustan.
Baku Strand
Straßenszene in Qobustan, einer Kleinstadt im östlichen Zentrum Aserbaidschans.

Azərbaycan is beautiful

Auf dem Weg zum Strand spielen zwei Jungs Fußball, bis die Pille vor unseren Füßen landet. Die sengende Hitze macht nicht gerade Lust auf Interaktion, doch die beiden sind neugierig. Aufgedreht versuchen sie, so viele Englischvokabeln aus der Schule über die Lippen zu bringen, wie nur möglich.

“Where you from?”, fragt der eine. “How old?”, der andere. Wir antworten pflichtbewusst und wollen eigentlich doch lieber alleine in Richtung Ufer laufen. Denkste. “We can show you!”, sagt der eine. “Azərbaycan is beautiful”, sagt der andere und besteht darauf, dass in “Aserbaidschan” kein Zischlaut zu hören sein sollte. Und so überqueren wir gemeinsam eine kleine Grube in Richtung dessen, was auf uns noch wie ein Strand wirkt, während unsere Rucksäcke für unsere Begleiter immer interessanter werden.

Baku Strand
Die Region um Qobustan ist für Steinzeitmalereien und Schlammvulkane bekannt. In die Ortschaft selbst zieht es dagegen kaum Reisende.
Baku Strand
Qobustan liegt circa 60 Kilometer südlich von Baku und ist am besten im (Mini-)Bus erreichbar.

Von wegen Strand!

Für manches fehlt den beiden die englische Vokabel. Für kanalizasiya reichen aber auch unsere nicht-existenten Aserbaidschanisch-Kenntnisse. Normalerweise hätten wir am “Strand” wohl eine kurze Pause angelegt. Doch offensichtlich entleert sich Qobustan hier in den größten See der Erde. Hatten wir nicht gestern nur 40 Kilometer nordöstlich an einem Strand in Baku noch im Kaspischen Meer gebadet?

Wir drehen um. “You like Azərbaycan?”, fragt der eine. “Yes!”, erwidern wir beide. Immer wieder wollen die beiden an unsere Rucksäcke. Doch wir sind einfach zu groß. Ganz ohne alles wollen sie uns aber nicht gehen lassen und zeigen uns zum Abschied, was sie sich von den Taxifahrern der Region abgeschaut haben: “Money, money? Ekskursiya!” – Ein Zwei-Euro-Stück muss reichen, denn leider haben wir fast kein Bargeld mehr dabei. Als wir es überreichen, bekommt sogleich ein ganzer Schulbus davon Wind. Ein paar Sekunden später sind wir von einem Dutzend Schulkindern umzingelt, bis ein älterer Herr sie lautstark zur Vernunft ruft.

Baku Strand
Zumindest von Weitem sah die Küste vor Qobustan ein bisschen nach Strand aus.
Baku Strand
Je näher wir der Uferlinie kamen, desto klarer wurde, dass aus dem entspannten Baden im Kaspischen Meer hier nichts werden würde.

Strand im Süden von Baku

Es sind Geschichten wie diese, die das Reisen schreibt, sobald wir uns dorthin begeben, wo andere sich vielleicht abwenden. Und es sind Geschichten wie diese, die die Kontraste in einem Land wie Aserbaidschan erst richtig zu Tage treten lassen. Tags zuvor zeigte sich uns das Kaspische Meer nämlich von einer ganz anderen Seite: Im ↠ Nar & Sharab Beach Club, gelegen am südlichen Stadtrand von Baku in der Nähe der Bibi-Heybat-Moschee, badeten wir zum ersten Mal im Kaspischen Meer.

Ein Lebenstraum war es sicherlich nicht, eines Tages mal im Kaspischen Meer zu baden. Doch wo wir schon einmal da waren, ergriffen wir die Gelegenheit beim Schopfe. Das Zentrum von Baku nämlich besticht zwar mit einer ewig weiten Uferpromenade, aber eben nicht mit Stränden. Und so galt es für uns, etwas abseits auf die Suche nach einem Strand in Baku zu gehen. Mit Erfolg.

Baku Strand
Kleinere Strände findest du im Süden von Baku allemal. Diese hier sind jedoch weder nur über Umwege zu erreichen und obendrein kaum gepflegt.
Baku Strand
Von der Bushaltestelle an der Bibiheybat-Moschee führt eine schmale Straße hinab zum Nar & Sharab Beach Club sowie zu weiteren Hotels und Restaurants.

Baden mit Blick auf Bohrinseln

Nach einigen Irrwegen und weniger schönen Strandabschnitten – weniger schön für alle jene, die nicht neben Autoreifen und anderem Sperrmüll baden möchten – entschieden wir uns für die sichere Variante: einen Beach Club. Ganze zehn Euro ließen wir pro Nase an der Kasse des Nar & Sharab liegen (Stand: September 2017). Gemessen am sonstigen Preisniveau in Baku ein kleines Vermögen. Als Gegenleistung gab es einen Pool mit Bar, einen sauberen Sandstrand mit Hängematten – und mit Blick auf kleine Bohrinseln. Ja, auch das ist Baden am Kaspischen Meer.

Gestern also Bohrinseln, heute Kanalisation. Und morgen werden wir vor der Promenade in Baku einen seidendünnen, farbig funkelnden Ölschimmer auf dem Wasser schwimmen sehen. Für Kuriositäten, so viel war schon gestern klar, ist am Kaspischen Meer gesorgt. Und so baumelten wir mit einem Schmunzeln im Gesicht auf Hängematten dem Sonnenuntergang entgegen. Vielleicht sollte es unser letztes Bad im Kaspischen Meer gewesen sein.

Baku Strand
Blick vom Wasser aus auf Strand und Uferlinie am Nar & Sharab Beach Club.
Baku Strand
Strand in Baku: Riesenhängematten ganz im Süden der Kapitale.

Mehr über unsere ambivalenten Erlebnisse in der aserbaidschanischen Hauptstadt liest du im ausführlichen ↠ Baku-Reisebericht. Die “Stadt der Winde” am Kaspischen Meer besuchten wir übrigens im Rahmen unserer ↠ Kaukasus-Reise, die uns auch in Aserbaidschans Nachbarländer Georgien und Armenien führte. Schon entdeckt?

Reisen um zu reisen!
John & Marc

Baku Strand

Veröffentlicht oder inhaltlich überarbeitet am:


Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert