Bologna von oben, Torre degli Asinelli

Bologna – mit dem Gaumen wahrgenommen

Zwischen Florenz, Mailand und Venedig gelegen, fällt Bologna in manchem Reiseplan hinten runter. Zum Glück, denn so bleibt der Hauptstadt der Emilia-Romagna der ganz große Touristenstrom erspart. Von München aus ist la Rossa – wegen der roten Ziegelsteine – mit dem Zug bequem erreichbar. Warum sie auch la Grassa – “die Fette” – heißt, verraten dir unsere Tipps für Bologna.

Tipps für Bologna, Tipps für den Gaumen

“Ihr nehmt die Welt mit dem Gaumen wahr”, scherzte eine Freundin einst über unsere Art zu reisen. Und sie hat recht. Was lange vage blieb, ließen wir uns spätestens in ↠ Georgien richtig schmecken – und entwickelte sich mit unserer ersten längeren Italien-Reise zum Gaumenschmaus. Seitdem genießen wir die kulinarischen Sehenswürdigkeiten zwischen Mailand und Neapel nicht nur vor Ort, sondern bringen sie mit nach Hause, kochen und teilen sie mit anderen.

Auch Bologna lohnt sich auf der Zunge zergehen zu lassen. Die Hauptstadt der Region Emilia-Romagna war Zwischenstation auf unserer Reise in die südlich gelegene Toskana. Mit dem Zug trudelten wir am frühen Nachmittag aus Richtung München kommend am Hauptbahnhof ein und fanden uns sogleich im Labyrinth der Arkaden der Universitätsstadt wieder. Auf insgesamt 38 Kilometern Länge soll sich in Bologna Bogen an Bogen reihen! Mittendrin wir beide. Mit großem Appetit.

Typisch Emilia-Romagna

Was man in Bologna gesehen haben sollte? In Mailand? Florenz? Neapel? Seit jeher überfordern uns diese Fragen. Nach inzwischen zwei längeren Trips durch Italien fällt die Antwort nur noch gustativo aus – den Geschmackssinn betreffend. Auch wenn wir nach Tipps für Bologna gefragt werden, steht die Kulinarik im Fokus. Italien bereisen wir eben vor allem mit der Zunge.

Da wären zum Beispiel die tortellini in brodo alla bolognese. Die Teigtaschen werden in Bologna traditionell in Hühnerbrühe serviert – und eben nicht in einer Sahnesoße wie beim Lieferservice deiner Wahl, die vom Wesentlichen nur ablenkt. Eine Achtsamkeitsübung für die Geschmacksknospen, der wir uns im ↠ Ristorante Il Tinello hingaben. Klassischerweise gefüllt sind sie unter anderem mit prosciutto di Parma und mortadella. Oben drauf zerfließt sich frisch geriebener parmigiano reggiano langsam in die warme Brühe. Alle drei Produkte sind weltbekannt – und stammen aus der Emilia-Romagna.

Tortellini in brodo alla bolognese
Tortellini in brodo alla bolognese, serviert im Ristorante Il Tinello.

In Bologna isst man tagliatelle

Genauso weltbekannt: die Spaghetti bolognese. Nur dass diese in keinem Restaurant in Bologna, das etwas auf sich hält, auf den Tisch kommen. Anders als der Name vermuten lässt, wurde die Kombination aus Spaghetti und Hackfleischsoße wohl nicht mal in Italien erfunden, sondern in den USA. Aber der Reihe nach.

Spaghetti – die lang gezogenen “Schnürchen” – stammen ursprünglich aus Süditalien. In Bologna kommen stattdessen tagliatelle – breiter “geschnittene”, ebenso langgezogene Pasta – auf den Teller. Das Original findest du folglich als Tagliatelle al ragù alla bolognese auf dem Menü. Wobei ragù so viel mehr ist als eine Hackfleisch-Tomaten-Soße. Der Vergleich treibt uns mittlerweile fast die Tränen in die Augen.

Ragù: Bolognas kulinarische Sehenswürdigkeit

Im ragù steckt deutlich mehr Liebe und Arbeit, als die Plastikfolie vom gemischten Hack in der Plastikschale abzuziehen. Die Rezepte variieren von Familie zu Familie, von Restaurant zu Restaurant. Und wenn du dich zurück zu Hause mal für ein Rezept entschieden hast, wirst du kaum daran vorbeikommen, eine gute Metzgerei oder ein italienisches Feinkostgeschäft aufzusuchen, um Schweinerücken, Kalbsfilet, Pancetta und Co. zu besorgen.

Für uns sind die tagliatelle al ragù die Sehens- bzw. Schmeckenswürdigkeit Bolognas, die wir besonders in Erinnerung behielten. Wir haben sie seitdem mehrfach probiert und nachgekocht – und immer wieder andere Nuancen geschmeckt. Nach dem besten ragù haben wir in Bologna nicht gesucht und es mit Sicherheit auch nicht gegessen. Bei unseren ersten Anläufen In der Caffèteria Le Tuate (eher als Imbiss) und im ↠ Ragù (auch wenn etwas touristisch), konnten wir uns geschmacklich aber nicht beschweren.

Bologna zum Mitnehmen, bitte

Von spaghetti bis tagliatelle, von Hackfleisch bis pancetta: Sich Italien kulinarisch zu nähern, lässt zugleich auch Land und Leute besser kennenlernen. Und nebenbei auch die Anatomie der Nutztiere, die in unserem Essen landen. Wenn wir bisher aus Italien zurückkehrten, taten wir dies also stets auch mit einem größeren Bewusstsein für die Lebensmittel, die in unseren Einkaufskörben landen. Genauso wie mit jeder Menge Lokalkolorit ausgehend von der Frage, welche Pasta zu welchem Gericht passt.

Bologna lieferte den Startschuss dafür, dass wir Italien vor allem mit dem Gaumen wahrnehmen. Aber auch, dass Italien auch Einzug in unseren Alltag hielt – und das ragù alla bolognese in so manches Festtagsmenü. Unser 1 THING TO DO für Bologna? Ist ganz klassisch. Und steht wie folgt auf deinem Menü.

Tipps für Bologna: Unser 1 THING TO DO

Was? Einen Teller tagliatelle al ragù alla bolognese zu probieren. Und dann noch einen.
Wo? Das möchten wir dir an dieser Stelle nicht vorgeben – du wirst schon erfolgreich sein.
Wie viel? In der Regel etwa zwischen acht und 15 Euro als ersten Gang bzw. primo. Auf italienischen Menüs stehen in der Regel primi (Pasta, Risotto, Gnocchi usw.) und secondi (zweite Gänge – in der Regel Fleisch oder Fisch). Fühl dich nicht verpflichtet, zwei Gänge zu bestellen. Die Portionen sind dafür in der Regel etwas kleiner als bei einem Hauptgericht, das du in Deutschland bestellst.
Wieso? Um Bologna genießen zu lernen – und ein wenig dolca vità später womöglich in deinen Alltag zu integrieren.

Weitere Tipps und Sehenswürdigkeiten für Bologna

Abseits der kulinarischen Vorzüge bleibt uns Bologna als junge Studierendenstadt in Erinnerung, die – verglichen mit manch anderer italienischer Stadt – recht untouristisch daherkam. Allerdings besuchten wir Bologna auch im Zuge der Corona-Pandemie im Oktober 2020. Folgende Sehenswürdigkeiten machten unseren Aufenthalt komplett:

  • Den besten Rundumblick auf Bologna bietet – wenig überraschend – der fast 100 Meter hohe ↠ Torre degli Asinelli. Tickets müssen vorab reserviert werden. Bei Besuchen am Wochenende wird etwas Vorlauf empfohlen.
  • Im ↠ Palazzo dell’Archiginnasio beeindruckt vor allem das mit Tannenholz ausgekleidete Anatomische Theater, in dem ab 1637 Sezierungen stattfanden.
  • Fast schon als kleine Wanderung geht es durch, wenn du wie wir zu Fuß zum ↠ Santuario della Madonna di San Luca aufbrichst. Los geht’s an der Porta Saragozza und von dort aus weiter durch den vier Kilometer (!) langen Bogengang Portico di San Luca. Achtung: Am Ende warten 500 Stufen – so langgezogen wie tagliatelle.
  • Wenn du dann noch nicht genug hast: Anstatt auf gleicher Strecke umzukehren, ging es für uns auf dem Sentiero dei Bregoli (↠ Karte) hügelabwärts nach Casalecchio di Reno. Bis dahin recht idyllisch. Über die viel befahrene Via Porrettana marschierten wir auf zwei Beinen zurück nach Bologna. Ein authentischer Einblick in die Wohngebiete außerhalb der Stadtzentrums. Ein Bus tut es also auch. Oder du hast das ragù eben gleich wieder abgestrampelt.

Mit dem Zug kamen wir in Bologna an, mit dem Zug reisten wir weiter. Nach ↠ Florenz, wo wir unsere eigentliche Reise starteten. Auf in die Toskana! Natürlich nicht ohne uns vor Abfahrt noch einen caffé, ein panino und ein cornetto in der Bar Stazione zu genehmigen.

Reisen um zu reisen!
John & Marc

Veröffentlicht oder inhaltlich überarbeitet am:


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