Kosice Slowakei

Košice: Die unbekannte Schöne der Slowakei

Dass Košice in der Slowakei zu den positiven Überraschungen auf unserem ersten Balkan-Trip zählen würde, hätten wir im Vorfeld nicht erwartet. Wie genau uns die zweitgrößte Stadt der Slowakei in kürzester Zeit verzauberte und was Andy Warhol mit ihr zu tun hat, erfährst du in unserem Košice-Reisebericht. Geschrieben von Marc.

Von der Hohen Tatra nach Košice

Nach unserer Grenzerfahrung beim ↠ Wandern in der Hohen Tatra sollten wir auf dem Weg nach Budapest in gleich drei slowakischen Ortschaften halt machen: in Štrbské Pleso, Poprad und eben Košice, der nach Bratislava zweitgrößten Stadt der Slowakei.

Mit der Tatra-Bahn ging es zunächst gemütlich wackelig vom Wintersportort Štrbské Pleso nach Poprad. Den kürzlich erklommenen Rysy noch in Sichtweite, empfing uns der Bahnhof von Poprad wie in einem Traum aus tausend und einer Ostblock-Nacht. Das durch die klapprig rostigen Fenster nur zu erahnende Stadtpanorama ließ uns ziemlich schnell entscheiden, dass wir hier nicht lange Station machen würden.

Kosice Slowakei Reisebericht
Willkommen in Poprad! Der Bahnhof von Poprad in der Slowakei grüßt mit Ostblock-Charme in Reinkultur.

Košice: Bitte was?

Wir fragten uns also durch die Ticketschalter, um möglichst günstig von hier nach Košice zu gelangen – einer Stadt, von der wir bis dato genauso wenig gehört hatten wie von Poprad. Um genau zu sein, sogar so ziemlich nichts. Gar nichts!

Noch nicht einmal richtig aussprechen konnten wir die Stadt, was vor allem im Gespräch mit einem etwa 17-jährigen Ticketverkäufer deutlich wurde. Der junge Mann kommunizierte mit Hilfe des Google-Übersetzers auf seinem Computer mit uns auf einer Art Englisch, wollte aber beim besten Willen nicht verstehen, in welche Stadt zur Hölle die beiden vor ihm stehenden verschwitzten Touris da schon wieder wollen.

Kosice Slowakei Reisebericht
Sorgte nicht zwingend für Bleibestimmung: der Bahnhof von Poprad-Tatry.

Ernüchterung, die zweite

Die slawischen Zischlaute hatten uns mal wieder ein Schnippchen geschlagen: Kositsche? Koschitsche? Kotschitsche? Nein! “Koschitze” wäre des Rätsels Lösung gewesen, natürlich aber nur mit richtiger Betonung. Hätten wir vorher gewusst, dass der deutsche Name von Košice einst “Kaschau” war, hätten wir das mit der Zisch-Folge vielleicht noch hinbekommen. Doch wie heißt es so schön: Reisen bildet.

Begeisterung machte sich auch nach Ankunft am Bahnhof des 240.000 Einwohner:innen zählenden Košice nicht unbedingt breit. Doch bis zum nächsten Zug, der uns auf direkten Weg nach Budapest bringen sollte, waren immerhin noch zweieinhalb Stunden zu vertrödeln. Und so ein 1 THING TO DO soll sich ja bekanntlich gerade dort verstecken, wo man es nicht erwartet.

Košice und der verflixte erste Eindruck

Vor dem Bahnhof in Košice erwartete uns eine romantische Märchenidylle. Also zumindest fast. Presslufthammer, Absperrzäune und staubiger Baustellenmuff machten uns sofort klar: Hier passiert etwas! Nur war dieses Etwas von hier aus ziemlich sicher noch ein ganzes Stück entfernt. Doch immerhin glaubten wir daran. Ganz fest.

Und tatsächlich: Wir sollten nicht enttäuscht werden. Nach etwa viertelstündigem Spaziergang durch Košice wandelte sich das Bild urplötzlich. Der Baustellenstaub war verflogen. So langsam zeigten sich die ersten niedlichen Häuserfassaden, die uns an ein deutsches Kleinstadtpanorama erinnern ließen.

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Es wird, es wird: farbenfrohe Fassaden in der Altstadt von Košice, Slowakei.

Bummel durch Košice: Die neue Synagoge

Als eines der ersten Gebäude fiel uns die ↠ Neue orthodoxe Synagoge von Košice auf. Vor dem Zweiten Weltkrieg waren rund 20 Prozent der Bewohner der Stadt Juden. Heute wird die denkmalgeschützte Synagoge nur noch zu hohen jüdischen Feiertagen genutzt. Das rosafarbene Gebäude machte auf uns einen etwas schmuddeligen Eindruck. Doch wie schon im Krakauer Viertel Kazimierz entfaltete genau das den optischen Charme der Synagoge erst, die im Zusammenspiel mit dem grau-trüben Himmel eine ganz eigenartige Mystik ausstrahlte.

Nur wenige 100 Meter später waren wir dann plötzlich mittendrin in einer Welt, die nicht unterschiedlicher zur soeben erlebten Baustellenszenerie hätte sein können. Denn obwohl wir an einem Dienstagnachmittag in Košice Halt machten, war das Stadtzentrum rund um den Hauptplatz Hlavné námestie überraschend lebendig.

Hlavné námestie: Seifenblasen und Zuckerwatte

Wenn auch nur für kurze Zeit, begann Košice uns nun in seinen Bann zu ziehen. Die Stadt in der Slowakei, die von ausländischen Reisenden dieser Tage eher ignoriert wird, machte einen selbstzufriedenen, glücklichen Eindruck. Lächelnde Kinder rannten immer wieder im Sauseschritt über die Kopfsteinpflaster und versuchten sich, mal mehr oder weniger erfolgreich, an ihren vielleicht ersten Seifenblasen.

Am Rand der Fußgängerzone von Košice zauberten Zuckerwatteverkäufer Mal ums Mal ein Strahlen in die Augen der Jungen und Mädchen. Und durch das Zusammenspiel der rosafarbenen Zuckerwatte und den beinahe kitschigen Häuserfassaden entlang des Hlavná-Boulevards versprühte Košice eher den Eindruck eines Freizeitparks denn einer Großstadt in der Ostslowakei.

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Freizeitpark-Ambiente rund um den Dom der Heiligen Elisabeth, seinerseits größte Kirche der Slowakei.
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Obwohl wir an einem Dienstagmittag in der Stadt unterwegs waren, versprühte Košice fröhliche Wochenendestimmung.

Košice: Europäische Kulturhauptstadt 2013

Ein Jahr lang immerhin stand Košice ziemlich weit oben in der Gunst ausländischer Besuchender: Als ↠ Kulturhauptstadt Europas zog die Stadt im Jahr 2013 Kulturinteressierte vom ganzen Kontinent an. Ein zentrales Element der Ausstellungen war damals das Werk Andy Warhols, dessen Eltern aus dem Gebiet der heutigen Ostslowakei, damals ein Teil Ungarns, stammten.

Noch heute ist Košice jedoch für Mitteleuropäer:innen zumeist nur über Umstiege oder eben mit dem Auto erreichbar. Der Massentourismus Marke easyJet wird um die Stadt daher wohl auch in Zukunft einen Bogen machen. Wer Košice von Deutschland aus per Flugzeug besuchen will, auf den warten nicht selten zwei Zwischenstopps.

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Staatstheater in Košice, einer der Hauptschauplätze im Jahr als Europäische Kulturhauptstadt.

Reise nach Košice: Warum eigentlich nicht?

Aufgrund der Kürze unseres Aufenthalts können wir natürlich kein 1 THING TO DO für Košice ausrufen, zu wenig haben wir die Stadt tatsächlich kennengelernt. Wenn du jedoch ohnehin eine Reise in die Hohe Tatra, die Slowakei im Allgemeinen oder ins “Vierländereck” mit Polen, Ungarn und der Ukraine planst, können wir dir den Abstecher nach Košice unbedingt ans Herz legen – und sind gespannt auf deinen Erfahrungsbericht.

Das verträumte Ambiente, die bunten Gassen sowie die ansteckende Lebenslust der Menschen vor Ort sorgten bei uns jedenfalls für eine kurzweilige Stippvisite. Der erste Stein wurde gelegt: Vielleicht ja auf Wiedersehen, Košice?

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Hier lässt sich wunderbar schlendern: Durch die Altstadt in Richtung Dom der Heiligen Elisabeth.

In unserem Košice-Reisebericht hat es leider nicht zu einem 1 THING TO DO gereicht. Dafür war die Zeit einfach zu knapp bemessen. Länger unterwegs – und das inzwischen auch schon öfter – waren wir dafür in Budapest, wo wir unsere erste Balkan-Reise auf dem Weg von ↠ Krakau nach ↠ Thessaloníki fortsetzten. Mehr dazu erfährst in unserem ↠ Budapest-Reisebericht.

Reisen um zu reisen!
John & Marc

Kosice Slowakei

Veröffentlicht oder inhaltlich überarbeitet am:


13 Antworten zu “Košice: Die unbekannte Schöne der Slowakei”

  1. Košice war unsere Lieblingsstadt im 2-wöchigen Slowakei-Roadtrip. Das Flair ist toll, es gibt massenweise nette Cafés und Kneipen, mindestens zwei tolle Museen. In Poprad habt ihr nichts verpasst! 😉 Jedenfalls nicht viel.

    Im Raum des ehemaligen Jugoslawien spricht man c grundsätzlich tz aus, ist mein Eindruck. Und ich habe den Verdacht, dass das für den gesamten slawischen Raum gilt. Aber wir haben das auch bloß auf die harte Tour gelernt. 🙂

    Viele Grüße,
    Lena

    • Hallo Lena! Ach cool, wir waren ja wirklich nur ganz kurz in Košice, aber in der Zeit zeigte sich die Stadt uns genau so, wie du es schreibst. Niedlicher Stadtkern mit sehr nettem Charme! Liebe Grüße

  2. also, so wie das aber geschrieben ist, spricht mans nicht ““Koschitze” – da fehlt doch das Hakerl überm S 😉
    Naja, 6 Jahre Wien und einige Tschechienausflüge haben mich ein bisschen gestärkt im Umgang mit tschechisch-slowakischen Zischlauten 😀
    Nicht so einfach, aber dafür immer wieder eine wunderschöne Überraschung 🙂

  3. unglaublich, wenn man die bilder aus der altstadt sieht, könnte das genauso gut in wien, münchen oder regensburg sein. ich bin immer wieder fasziniert, wenn man in städten spuren vergangener zeiten findet, die beweisen, dass es viel ähnlicher war als im gegenwärtigen kontext.

    ich hätte auch gedacht, dass man es kositsche ausspricht 😉

    • Da hast du recht, besser hätte man es nicht ausdrücken können. Generell immer wieder interessant, wo früher welche Grenzen verliefen, gerade Košice hat da einige Wechsel hinter sich…

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